Wie ich arbeite – die Kunst der Regulation

 

Der Körper ist kein mechanisches System, das man einfach „reparieren“ kann – er ist ein lebendiges, lernendes Netzwerk. Jede Zelle steht in Beziehung zu ihrer Umgebung, jede Bewegung verändert Spannung, Atmung und Wahrnehmung. Wenn das Zusammenspiel gestört ist, verliert der Körper seine Mitte. Dann versucht er, auf seine Weise das Gleichgewicht zu halten – oft über Umwege, die schließlich als Beschwerden spürbar werden.

 

Selbstregulation verstehen

Osteopathische Behandlung bedeutet, diese natürliche Fähigkeit zur Selbstregulation wieder zu unterstützen. Ich verstehe meine Arbeit dabei wie das Nachspannen eines Zeltes: Wenn ein Seil zu stark zieht, gerät das ganze Zelt aus der Mitte. Meine Aufgabe ist es, herauszufinden, wer oder was an diesem Zelt zieht, und wie viel Halt oder Nachgeben an welcher Stelle nötig ist, damit sich das Ganze neu ausrichten kann.
Dabei geht es nicht darum, etwas „zurechtzurücken“, sondern dem Körper zu helfen, sich selbst zu finden – mit der richtigen Dosierung zwischen Aktivität und Ruhe, Spannung und Loslassen.

 

Der natürliche Lernprozess

Veränderung im Körper folgt einem natürlichen Lernprozess.
Fünf Schritte vor, drei zurück – so ungefähr bewegt sich echte Heilung. Der Körper braucht Zeit, um sich in einem neuen Muster zu Hause zu fühlen. Alte Spannungen geben paradoxerweise Halt und Sicherheit, auch wenn sie Beschwerden verursachen. Neue Bewegungs- und Haltungsmuster müssen erst erprobt und integriert werden.
Deshalb ist Heilung kein geradliniger Weg, sondern ein Prozess, der Anpassung, Geduld und Vertrauen verlangt.

 

Der therapeutische Kompass

Um diesen Weg zu begleiten, nutze ich einen inneren Kompass:
Wie oft, wie intensiv, wie schnell kann Veränderung geschehen?
Wann braucht es Impuls – wann Ruhe?
Dieser Kompass hilft, die individuelle Geschwindigkeit und Tiefe einer Behandlung einzuschätzen.
Wissenschaftlich lässt sich das mit den Prinzipien der Neuroregulation und des autonomen Gleichgewichts erklären (vgl. Porges, Polyvagal Theory, 2011): Der Körper kann nur dann wirklich loslassen, wenn das Nervensystem Sicherheit empfindet.
Auch neuere neurobiologische Arbeiten (Damasio, The Strange Order of Things, 2018) beschreiben Heilung als adaptiven Lernprozess, in dem der Körper Erfahrungen integriert und zu neuen, stabileren Zuständen findet.

 

Spannung, Loslassen und neue Mitte

Therapie bedeutet, das richtige Maß zu finden – dort Spannung aufzubauen, wo der Körper Halt braucht, und dort nachzugeben, wo er sich festhält.
So entsteht allmählich eine neue Mitte – ein Zustand, der sich immer wieder verändern darf.
Man könnte sagen: wie ein Schneider, der ein Kleidungsstück immer wieder anpasst, bis es richtig sitzt.
Die Faszien, die Atmung, die Haltung, die Emotionen und die Gedanken bilden dabei ein zusammenhängendes Gewebe.
Manchmal arbeite ich strukturell – an Gelenken, Muskeln, Faszien.
Manchmal über Wahrnehmung, Rhythmus und Atmung.
Und manchmal begleite ich emotionale oder vegetative Prozesse, wenn der Körper alte Schutzmuster loslässt.

 

Das Ziel

Ziel ist nie nur die Beseitigung von Symptomen, sondern ein tieferes Verständnis für die eigene Körperlogik – und die Fähigkeit, sich selbst wieder zu regulieren.
Es geht um mehr Freiheit, mehr Gleichgewicht, mehr Vertrauen in die eigene Mitte.

Denn die eigentliche Veränderung geschieht, wenn Körper und Nervensystem wieder in einen gemeinsamen Rhythmus finden – und sich der Mensch in seiner Mitte stabilisiert.

 

 

 


 

 

 

 

Warum Osteopathie keine passive Behandlung ist

 

 

Viele Menschen kommen mit der Vorstellung in die Praxis, dass der Therapeut „etwas richtet“, und dann sei alles gut. In der Osteopathie funktioniert der Prozess anders: Es geht nicht darum, etwas mechanisch „zurechtzusetzen“, sondern darum, dass der Körper wieder selbst lernt, sich zu regulieren und zu bewegen.

 

 

Der Körper arbeitet mit

Der menschliche Körper ist kein starres System, sondern ein lebendiges Netzwerk aus Gewebe, Nerven, Faszien und Wahrnehmung. Viele Bewegungen laufen automatisch – gesteuert von Reflexen oder Schutzmustern, die wir oft gar nicht bewusst bemerken.
In der Behandlung geht es darum, dass Sie lernen wahrzunehmen, wann Sie anspannen, wo Sie festhalten – und wie Sie loslassen können.
Das ist der Moment, in dem Sie wieder die Zügel in die Hand bekommen.

 

 

 

Bewegung und Alltag als Lernfeld

In meiner Arbeit folgen wir nicht nur dem Muster „liegen – behandeln – aufstehen“.
Ich lasse Sie immer wieder zwischenlaufen, besonders dann, wenn wir an etwas Tieferem gearbeitet haben.
Diese Pausen sind Teil des Prozesses:
Sie helfen, „Altes“ und „Neues“ miteinander zu verbinden.
Der Körper darf spüren, wie sich etwas verändert – und lernt, diese Veränderung in den Alltag zu übertragen.
Oft passiert das von selbst:
Der Arbeitsplatz wird angepasst, Bewegungsabläufe verändern sich, oder Sie bekommen wieder Lust, etwas zu tun, was Ihnen guttut.
Das ist Aktivität, die natürlich entsteht – nicht aus Zwang, sondern aus einem neuen Gleichgewicht.

 

 

Heilung als Lernprozess

Veränderung geschieht nicht auf Knopfdruck.
Der Körper lernt in Wellen – fünf Schritte vor, drei zurück.
Er braucht Zeit, um sich in einem neuen Muster zu Hause zu fühlen.
Je stabiler dieses neue Gleichgewicht wird, desto seltener fällt man in alte Spannungen zurück – auch unter Stress.
Das ist die eigentliche Aktivität in der Osteopathie:
Nicht das „Tun“, nicht das „Wegmachen“, sondern das bewusste Wahrnehmen und Mitgehen mit dem, was sich verändert.

 

 

Mein eigener Ansatz – das PRISMA der Osteopathie

 Mein therapeutischer Ansatz – an dem ich fortlaufend arbeite und den ich unter dem Namen „Prisma der Osteopathie“ weiterentwickle – verbindet klassische osteopathische Prinzipien mit modernen Erkenntnissen aus der Neurophysiologie und Systemtheorie.
Zentral ist dabei das Verständnis, dass Heilung ein Regulationsprozess ist:
zwischen Struktur und Wahrnehmung, zwischen Nervensystem und Umwelt, zwischen Stabilität und Anpassung.
Ich arbeite nicht nach einem festen Schema, sondern orientiere mich an Ihrem individuellen Kompass – daran, wie Ihr Körper reagiert und welche Schritte gerade möglich sind.

 

 

Wissenschaftliche Fundierung

 

Damit dieser Ansatz nicht nur „gefühlt“ wird, sondern auch begründet ist, hier zwei aussagekräftige Studien:

 

  • Eine systematische Übersichtsarbeit zeigt: Behandlungen mittels osteopathischer manueller Techniken können das autonome Nervensystem beeinflussen – z. B. lassen sich Herzfrequenzvariabilität und vegetative Messgrößen verändern. BioMed Central+2PMC+2

  • In einer neueren Studie wurden funktionale Veränderungen im Gehirn nach manuellen osteopathischen Eingriffen nachgewiesen – etwa eine erhöhte Aktivität im Bereich der Aufmerksamkeit und Körperwahrnehmung („right middle frontal gyrus“). Nature+1
    Diese Befunde stützen meine Erfahrung: Es geht nicht nur um „Mechanik“, sondern um Regulation – im Nervensystem, im Gehirn, im ganzen System.

 

 

Das Ziel

 

Das Ziel ist klar: Sie sollen nicht länger nur „behandelt“ werden – Sie sollen lernen, mitzuarbeiten, Ihr System zu verstehen und zu unterstützen. Statt Beschwerden nur zu verwalten, wollen wir gemeinsam daran arbeiten, dass Bewegung leichter wird, Atmung freier und die Regulation wieder funktioniert.
Denn heil werden heißt nicht passiv „bekommen“, sondern aktiv mitgestalten.
Ich begleite Sie dabei so aufmerksam, ehrlich und demütig, wie ich es kann – als Mensch, der selbst immer weiter lernt.